Blog-Eintrag -
Von Mexiko nach Mannheim: Erasmus-Koordinator Jorge Rojas Dominguez über Lebensträume und seine Einarbeitung während Corona
1. Jorge: Du bist direkt aus Mexiko zu uns an die HdWM gekommen. Wie bist du auf die Hochschule aufmerksam geworden?
"Im März 2020, noch vor Beginn der weltweiten Pandemie, hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen des DAAD-Mexiko-Teams eine Reise nach Mexiko für Rektoren und Vertreter deutscher Hochschulen zu organisieren, die an einer Zusammenarbeit mit mexikanischen Hochschulen interessiert waren. Auf dieser Reise lernte ich Prof. Dr. Dolores Sánchez Bengoa kennen, die Vizepräsidentin für Internationales an der HdWM. Durch sie erfuhr ich mehr über die Hochschule, was das Interesse in mir weckte, nicht nur an der HdWM, sondern auch im Bereich der internationalen Beziehungen einer Hochschule in Deutschland zu arbeiten."
2. In ein anderes Land zu ziehen braucht viel Mut und Entschlossenheit. Was hat dich davon überzeugt, für deine Tätigkeit an der HdWM den Umzug nach Deutschland zu wagen?
"Ich bin ein Mensch, der sehr an das Schicksal glaubt, aber ich glaube auch, dass wir als Menschen und als Berufstätige immer so gut wie möglich vorbereitet sein müssen, um die Chancen zu nutzen, die uns das Schicksal bietet.
Ich hatte die Möglichkeit, dank eines DAAD-Stipendiums meinen Master an der Universität Osnabrück zu studieren, und nach meiner Rückkehr nach Mexiko wusste ich immer, dass ich eines Tages nach Deutschland zurückkehren würde, um hier zu arbeiten und zu leben. Sieben Jahre vergingen seit dem Abschluss meines Studiums, um mir diesen Traum zu erfüllen. In diesen sieben Jahren musste ich mich darauf konzentrieren, mich vorzubereiten, damit ich – wenn sich die Gelegenheit zur Rückkehr ergibt – sowohl mental als auch beruflich so gut wie möglich vorbereitet bin. Ich mochte Deutschland schon immer als ein Land, in dem man friedlich leben kann, da mein Land Mexiko zwar sehr schön ist, aber unter vielen Problemen in den Bereichen öffentliche Gesundheit, Sicherheit, Arbeitslosigkeit und Armut leidet.
Ich habe immer geglaubt, dass Deutschland ein guter Ort ist, um zu leben und eine Familie zu haben, dass es viele schöne Orte gibt und dass es sehr gut mit der Welt verbunden ist. Kurz gesagt, meine Entscheidung, nach Deutschland zu ziehen, war anfangs sehr emotional, aber ich habe viele Faktoren des täglichen Lebens berücksichtigt, um mir zu 100% sicher sein zu können. Natürlich spielte auch die Unterstützung meiner Familie bei dieser Entscheidung eine sehr wichtige Rolle. Deshalb habe ich nicht gezögert, als sich die Gelegenheit bot, nach Deutschland zu ziehen."
3. Es ist immer aufregend einen neuen Job zu starten – und du hast ausgerechnet während der Pandemie an der HdWM angefangen. Wie bist du aufgenommen worden und wie hat deine Einarbeitung geklappt?
"Ich kam im November 2020 in Deutschland an, als das soziale Leben in Deutschland noch eingeschränkt war und man nur zum Einkaufen und Spazierengehen ins Freie gehen konnte. Das war natürlich nicht so einfach. Obwohl ich das Land bereits kannte und Deutsch sprach, war es sehr schwierig, hierher zu kommen und niemanden zu kennen, nicht einmal bei der Arbeit, denn selbst die Ausbildung für meine Tätigkeit war virtuell und ich hatte nur über den Computer und das Telefon Kontakt zu meinen neuen Kolleg*innen.
Als ich in Mannheim ankam, beschloss ich, jeden Tag an die Hochschule zu gehen, obwohl ich das nicht musste. Aber ich brauchte diese tägliche Bewegung, um die Stadt und meinen Arbeitsplatz etwas besser kennenzulernen. Durch den tägliche Arbeitsweg und die Arbeit an der Hochschule hatte ich die Möglichkeit, das Team nach und nach kennenzulernen und nach und nach etwas über die Funktionsweise der Hochschule und natürlich über meine Tätigkeiten zu erfahren.
Obwohl die Situation nicht einfach war und viele Menschen davon frustriert waren, wollte ich mich nicht beklagen. Denn ja, die Situation ist nicht einfach, vor allem für uns Ausländer, die zu Zeiten von Corona nach Deutschland gekommen sind. Dennoch danke ich Gott, dass er es mir ermöglicht hat meinen Traum zu erfüllen nach Deutschland zurückzukehren. Einen sicheren Arbeitsplatz zu haben und das zu tun, was ich so gerne mache, nämlich Menschen zu helfen, ihre Träume und Ziele zu verwirklichen. Dieser Gedanke hat mir immer geholfen, in dieser schwierigen Zeit meiner Ankunft in Deutschland positiv zu bleiben."
4. Corona hat durch Reisebeschränkungen die Arbeit im International Office stark beeinflusst. Dennoch hast du vielen Studierenden und Mitarbeitenden einen Auslandsaufenthalt ermöglicht. Was hat dich motiviert weiterzumachen und die Möglichkeiten zu suchen?
"Wie ich bereits erwähnt habe, hat das Studium in Deutschland meine Einstellung zum Leben verändert. Ich wurde viel aufgeschlossener, toleranter und vor allem viel bewusster für die Realitäten der Welt. Während meiner Arbeit beim DAAD Mexiko war es immer mein Ziel, jungen Mexikanern zu helfen, ihren Traum von einem Studium in Deutschland zu verwirklichen. Ich kannte bereits diese Erfahrung und wusste, wie wichtig es ist im Ausland zu studieren. Es hilft nicht nur Denkweisen zu verändern, sondern auch Leben zu verändern, so wie es mir passiert ist. Nach Deutschland war in meinem Leben nichts mehr wie vorher. Weder als Mensch noch als Beruf. Wann immer ich die Gelegenheit habe, mit Studierenden der HdWM oder mit meinen Kolleg*innen zu sprechen, lade ich sie deshalb ein, die Chance eines Auslandssemesters oder einer Fortbildung zu nutzen. Jede Erfahrung hilft uns, als Menschen und als Fachleute zu wachsen. Ich freue mich sehr, dass ich Studierenden und Mitarbeitenden helfen konnte, ihre Pläne Realität werden zu lassen und dass immer mehr Menschen diese Erfahrung machen."
5. Neun Monate später: Wie lebt und arbeitet es sich nun in Mannheim und der HdWM?
"Nach neun Monaten Leben in Mannheim und Arbeiten an der HdWM kann ich nur sagen, dass ich sehr froh bin, mich für den Umzug hierher entschieden zu haben, denn ich habe hier sehr nette Menschen kennengelernt und auch Leute, die zu guten Freunden geworden sind, darunter auch andere Mexikaner. Bei HdWM genieße ich ein unglaubliches Arbeitsumfeld, und meine Kolleg*innen haben mir immer das Gefühl gegeben, willkommen zu sein. Besonders am Anfang, als ich noch nicht die Erfahrung hatte, die ich jetzt habe. Die Ausbildung an der HdWM war sehr intensiv, aber dadurch habe ich meinen Beruf viel schneller kennengelernt und konnte so die Abteilung Internationales noch besser unterstützen.
Das Leben in Deutschland ist jetzt besser, als ich es mir vorgestellt habe. Ich mag meine Arbeit sehr und bin immer motiviert zu helfen. Vor allem arbeite ich in einem Arbeitsumfeld, in dem ich mich frei und unterstützt fühle.
Dank der HdWM konnte ich mir mein Traum erfüllen und in diesem neuen Abenteuer in Deutschland als Person wachsen."